Fast 100 Jahre schnaufte eine Schmalspurbahn durch das Bröltal

 

 

 

(Brölbahn brachte Arbeitsplätze und gewissen Wohlstand ins Bröltal)

 

 

 

 

 

(pü) Ein denkwürdiger Tag für das ganze Bröltal jährt sich im kommenden Frühjahr. Am 20. April 1954, also vor mehr als 60  Jahren, machte eine Dampflok mit zwei Güterwagen die letzte offizielle Dienstfahrt von Hennef bis zum Bahnhof Bröl. Mit dieser (historischen)  Bahnfahrt ging eine wichtige Ära zu Ende, die am 27.Mai 1862 mit der ersten Fahrt einer Pferdebahn durch das Bröltal begann und 92 Jahre andauerte.

 

 

 

Der Bau der „Brölthaler Eisenbahn“; im Volksmund kurz „Brölbahn“ genannt, (später wurde sie in „Rhein-Sieg-Eisenbahn“ umbenannt), hatte vor mehr als 150 Jahren für die wirtschaftliche  Erschließung nicht nur des Bröltales, sondern unserer ganzen Region eine große Bedeutung. Am 1. Januar 1859 war das erste Teilstück (Deutz-Hennef) der Eisenbahnlinie Köln-Deutz nach Gießen in Betrieb genommen und 1860 die Bezirksstraße (heute B 478) durch das Bröltal fertig gestellt worden. Damit war der Weg frei, um verstärkt die Bodenschätze (Kalkstein und Eisenerz) aus dem Ruppichterother Raum mit Ochsen- und Pferdekarren nach Hennef zu transportieren, wo sie in Eisenbahn-Waggons umgeladen wurden, die das Transportgut hauptsächlich in das 1838 in Betrieb genommene Eisenhüttenwerk nach Friedrich-Wilhelms-Hütte brachten. Doch mit einer Pferdebahn war der Transport des Massengutes Eisenerz wesentlich wirtschaftlicher als mit Pferde- oder Ochsenkarren. Eine 1860 gegründete Gesellschaft, an der auch der Generaldirektor des „Sieg-Rheinischen Bergwerks- und Hüttenvereins“ (Friedrich-Wilhelms-Hütte) beteiligt war, betrieb deshalb den Bau und Betrieb einer Pferdebahn durch das Bröltal. Nach 18-monatiger Bauzeit wurde am 27. Mai 1862 der Betrieb einer Gütereisenbahn mit Pferdebetrieb zwischen Hennef-Warth und Ruppichteroth mit einer 2,4 km langen Abzweigung nach Schönenberg eröffnet. Die Gesamt-Betriebslänge betrug 22,6 km.

 

Schon bald erkannte man, dass mit einer Umstellung von Pferde- auf Dampf-Traktion erhebliche Personalkosten einzusparen wären und eine kürzere Fahrzeit erreicht würde. Dieses Vorhaben fand bei der Bevölkerung nur wenig Zustimmung, weil ein „Feuer speiendes Ungetüm“ Gefahren für Mensch und Tier bedeute. Nur versuchsweise und mit allerlei Auflagen wurde deshalb 1863 die Genehmigung für den Dampfbetrieb erteilt. Ein Polizeikommissar musste jeden Zug, der innerhalb einer Ortschaft 7,5 Stundenkilometer nicht überschreiten durfte, begleiten. Jedem Zug waren „zwei Leute beigegeben, um scheu werdende Tiere zu beruhigen oder bei anderen Störungen, Wegräumung von Hindernissen usw., hilfreiche Hand zu leisten“. Ein Bericht im „Siegburger Kreisblatt“ vom 28. März 1863 schilderte die Probefahrt der ersten Dampflokomotive. Hier heißt es u. a.:“…In der Nähe von Allner und Bröhl waren eine Anzahl Pferde und Ochsen aufgestellt, welche sich theils unter ängstlichen Sprüngen, theils ruhig den für sie neuen Gegenstand besahen“. Und die Bedenken der Bevölkerung fanden Ausdruck in dem Satz: „…Es lässt sich wohl befürchten, dass noch manches Thier von der Maschine zum Scheuen und Ausreißen gebracht werden wird und dass Unglücksfälle sich nur bei großer Vorsicht vermeiden lassen…“ Als am 25. April 1863 eine Lokomotive mit einem Zug erstmals von Hennef nach Ruppichteroth fuhr, war das die eigentliche Geburtsstunde der „Brölthaler Eisenbahn“.

 

 

 

„Für die damaligen Verhältnisse und verglichen mit der vorherigen Situation, war das Bröltal nun recht gut erschlossen“ wie Adolf Becker, der letzte Geschäftsführer der späteren „Rhein-Sieg-Eisenbahn-Gesellschaft“ in seinem Buch über „die Geschichte der ältesten Schmalspurbahn Deutschlands“ meint. Arbeitsplätze wurden geschaffen und in den armen Ortschaften des Bröltales breitete sich ein gewisser Wohlstand aus. Viele Geschichten, Anekdoten und „Verzällchen“ zeugen noch heute davon, dass die Bevölkerung über all die Jahre genügend Gesprächsstoff hatte, sich über die Vor- und Nachteile, über Schaden und Nutzen dieses neuen Verkehrsmittels auseinanderzusetzen.

 

Am 1. September 1870 wurde der Güterzugbetrieb von Hennef Richtung Waldbröl eröffnet und ab dem 1. Juli 1871 fuhren regelmäßig Personenzüge durch das Bröltal. Am 7. Oktober 1934 wurde der erste Diesel-Triebwagen für den Personenverkehr in Betrieb genommen. Doch die Konkurrenz der Straße wurde nach der Währungsreform und dem Beginn des wirtschaftlichen Aufschwungs immer stärker. Ab 1949 ging die Zahl der beförderten Fahrgäste drastisch zurück, steigende Unrentabilität machte sich bei der Bahn bemerkbar.  Überlegungen wurden angestellt, den Schienenverkehr still zu legen. Weil zudem die schmale Bröltalstraße dem rollenden Autoverkehr nicht mehr gewachsen war und die Straße verbreitert werden sollte, war der Abbruch der Bahnlinie eine beschlossene Sache. Nachdem am 21.3.1954 der Schienen-Personenverkehr zwischen Hennef und Ingersauelermühle eingestellt worden war, fuhr vor mehr als 60 Jahren der letzte Güterzug durch das untere Bröltal. 

 

 

Foto 1: Der von einer Dampflokomotive angetriebene Güterzug der ehemaligen Brölbahn fuhr am 20. April 1954 auf seiner letzten Fahrt durch das Dorf Bröl. Auf einem sogen. Rollwagen wurde ein Bundesbahnwagen transportiert. Im Hintergrund rechts ist die ehemalige Shell-Tankstelle (heute Mundorf-Tankstelle) zu erkennen.

 


Foto 2: historisches Originalfoto mit der Lok Nr. 17 und Blick auf die heutige Bushaltestelle an der sich das Graffiti mit dieser Lok befindet. In der scharfen Kurve in der Ortsmitte, wo früher große Kastanienbäume standen, war wenig Raum für Straße und Schienen. Die Brölbahn fuhr ganz nah an Häusern, Einfriedigungen und Naturdenkmäler vorbei.

 

 

 

 

Foto 3: Ein Personen-Dampfzug schnauft durch Bröl (Foto: ca. 1935).. Links: das heute nicht mehr vorhandene „Wirtshuus“ mit der geschlossenen kleinsten Schranke Deutschlands – einem groben Holzbalken- an seiner Haustür.

 

Foto 4: Heute werden Häuser abgerissen, damit der Straßenverkehr fließen kann. Früher musste sich der Verkehr, wie die Schienen-Trasse der Brölbahn,  der vorhandenen Bebauung anpassen. In Bröl fuhr die Brölbahn in der Dorfmitte ganz nahe an Häusern und Einfriedigungen vorbei. Der Lokführer hatte für diese Situationen besondere Vorschriften zu beachten: „...Die Dampflok muss läuten, bei Gefahr pfeifen und das Tempo verringern, wenn ein Pferd scheut oder sonstige Gefahr in Verzug ist...“

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

 

 

Foto 5: Im Winter 1940 wurde die Schienentrasse vom Hochwasser stark unterspült. Der Lokführer eines Diesel-Triebwagens konnte in der Dunkelheit die Gefahr nicht erkennen. Als der Zug die Gefahrenstelle passierte, gaben die Schienen nach, die Zug kippte um und 3 Passagiere ertranken in dem schwimmenden Triebwagen.

 

 

 

 

Foto 6: Ein Personenzug der Brölbahn passiert die Stelle zwischen Bröl und Ingersauelermühle, wo sich heute (links) die Einfahrt zur Firma „ECKES-GRANINI“ befindet.  Kein anderes Foto könnte treffender darstellen, wie romantisch im vorigen Jahrhunderts eine Bahnfahrt durch das Bröltal war.

 

 

 

 

Foto 7:  Dieseltriebwagenzug die seit 1934 zum Einsatz kamen.